Vielleicht kennst du das: Du bleibst stehen, mitten im Übergang – nicht aus Unentschlossenheit, sondern weil etwas dich innehalten lässt. Ich blieb heute einen Moment länger in der Türschwelle stehen. Zwischen dem Raum, den ich gerade verlassen hatte, und dem, den ich gleich betreten würde.
Hinter mir lag der Tag, wie er war: das aufgeschlagene Buch, das meine Gedanken noch trug. Die Tasse, die meine Lippen kannte. Die Gespräche, die noch in der Luft hingen. Vor mir: ein stiller Raum, leer und offen. Noch unberührt von allem, was ich mitbringe.
Ich spürte, wie sich die Stimmung veränderte. Der Raum hinter mir war erfüllt von dem, was ich gedacht, getan, gefühlt hatte – eine Art Nachklang, der mich noch umhüllte. Der Raum vor mir war ruhig, bereit für etwas Neues. Es war, als würde ich zwischen zwei inneren Zuständen stehen: dem Echo dessen, was war, und der stillen Offenheit für das, was kommen könnte.
In diesem Moment wurde mir bewusst, wie unterschiedlich Räume sich anfühlen können – nicht wegen ihrer Einrichtung, sondern wegen der Atmosphäre, die sie tragen. Manche Räume erinnern uns an Aufgaben, andere lassen uns durchatmen. Manche bringen uns in Bewegung, andere laden zum Verweilen ein.
Meine Schultern veränderten sich unmerklich, je nachdem, wohin meine Aufmerksamkeit gehörte. Im Arbeitszimmer trugen sie das Gewicht der Verantwortung. Im Flur wurden sie leichter – bereiter für das, was kommen mochte. Der Übergang war nicht nur räumlich, sondern eine innere Bewegung von einem Ich zum anderen.
Die Türschwelle wurde plötzlich zu einer Lehrerin der Achtsamkeit. Sie zeigte mir, dass Ankommen ein bewusster Akt ist – nicht nur das automatische Resultat von Gehen. Dass zwischen Verlassen und Betreten ein kostbarer Moment liegt, den wir meist überspringen in unserer Eile, irgendwo anzukommen.
Wie oft durchschreiten wir Türschwellen, ohne sie zu bemerken? Wie oft wechseln wir Räume, ohne wirklich umzuschalten? Wie oft nehmen wir die Stimmung eines Ortes mit in den nächsten, ohne innezuhalten?
In diesem einen Moment des Verweilens lernte ich etwas über die Kunst der Übergänge. Darüber, dass jeder Wechsel eine kleine Metamorphose sein kann, wenn wir ihn bewusst vollziehen. Dass Räume nicht nur physische Grenzen haben, sondern emotionale, energetische, manchmal sogar spirituelle.
Als ich schließlich den Schritt vollendete, war es ein anderer Schritt als die tausend automatischen Schritte davor. Es war ein Schritt mit Bewusstsein, mit Absicht, mit der stillen Anerkennung dessen, was ich verließ – und dessen, was ich betrat.
Übergänge sind die stillen Lehrer des Bewusstseins.
