„Wer schweigt, fällt durchs Raster. Wer schreit, fällt auf. Wer weint, fällt weg.“
Es gibt Menschen, die tragen mit sich eine Schwere, die man ihnen nicht ansieht – nicht, weil sie leicht wäre, sondern weil sie so leise geworden ist, dass selbst ihre Signale verstummen, bevor sie überhaupt jemand bemerkt. Sie begegnen uns, als sei nichts, und vielleicht haben sie selbst schon längst aufgehört, das, was in ihnen lebt, erklären zu wollen, weil sie erfahren mussten, dass leises Leid in einer lauten Welt zu oft übersehen wird.
Was sie mit sich führen, klirrt nicht. Es blinkt nicht, ruft nicht um Hilfe, kündigt sich nicht an – es ist da, immer, aber in einer Weise, die keine Aufmerksamkeit erzeugt. Und gerade deshalb bleibt es bestehen. Denn solange etwas nicht stört, wird es selten beachtet, und solange jemand nicht fällt, wird oft nicht gesehen, wie viel Kraft es kostet, stehen zu bleiben.
Manchmal sind es genau die Menschen, die durchhalten, die still bleiben, die niemandem zur Last fallen wollen, die am meisten tragen – nicht, weil sie besonders stark sind, sondern weil sie irgendwann aufgehört haben, mit ihrem Schmerz im Außen zu rechnen. Und so kreisen sie, Tag für Tag, durch Systeme, durch Gespräche, durch Begegnungen, ohne dass jemand wirklich hinsieht – nicht, weil niemand es will, sondern weil das Sehen an das Hören geknüpft ist, und Hören nur dort möglich wird, wo es auch Stille geben darf.
Vielleicht beginnt ein anderes Verstehen nicht mit der Frage, wie es jemandem geht, sondern mit der Bereitschaft, auch auszuhalten, wenn die Antwort nicht sofort kommt. Vielleicht braucht es mehr als gute Worte – nämlich Gegenwärtigkeit, die nicht sofort etwas besser machen will, sondern da bleibt, wenn nichts besser wird. Und vielleicht ist das Zuhören ohne Anspruch, das Bleiben ohne Lösung, das wirkliche Erkennen von dem, was nicht gesagt werden kann, der einzige Ort, an dem Verletzlichkeit nicht übersehen, sondern gesehen werden darf – ohne dass sie sich erst beweisen muss.
Was bleibt, wenn niemand fragt – ist nicht das Schweigen, sondern das Gefühl, dass es niemand hören würde.
